Vor drei Jahren hatten Wäis und ich einen Food-Stand auf einem Open-Air-Konzert in München und kochten dort etwa 2000 Portionen Chili Con Carne für Festivalbesucher. Ganze zwei Tage und Nächte waren wir vor dem Konzert mit den Vorbereitungen beschäftigt, wir starteten in der Restaurant-Küche eines Freundes und brieten Zwiebeln und Fleisch bis spät in die Nacht. Wäis schnippelte, ich briet. Dann tauschten wir, ich schnippelte, sie briet. Alles in Pfannen mit dem Durchmesser eines Lastwagenreifens. Ein Nachbar aus dem Haus, den der Geruch störte, rief einfach gegen 23 Uhr die Polizei und als wir draußen Blaulicht sahen, verstauten wir unsere Töpfe, stopften unser Fleisch und Gemüse in die Kühlschränke und flohen durch den Hintereingang, rannten zur nächsten Strassenecke und beobachteten mit Herzklopfen wie der Nachbar aus seinem Fenster schimpfte, wir müssen da sein, wir würden seit Stunden in der Küche braten und wie die Polizei an die Eingangstür klopfte und nach uns rief. Es war wirklich sehr knapp und mit den Münchner Polizisten ist nicht zu Spaßen!
Am nächsten Tag fand ich nach vielen Telefonaten über einen alten Verehrer eine andere Küche in einem Bistro und dort konnten wir den zweiten Teil der Chilivorbereitungen, wieder bis spät in die Nacht, zu Ende bringen. Es wurden weiterhin gigantische Mengen Bohnen und Mais verarbeitet, kiloweise Rinderhack und riesige Tüten mit Chillipulver und anderen Gewürzen. Wir hatten alles in XXL.
Am Festivaltag brachten wir unser Chili zum Königsplatz und dekorierten unseren Stand todernst mit Sombreros und Jalapenos. Bald kamen die ersten Festivalbesucher und schon nach dem Auftritt der ersten Band erinnerte die Situation an die Fütterung hungriger Löwen! Die Schlange an unserer Theke war so lang, dass ich ihr Ende nicht sehen konnte und während Wanda sang, standen wir mit hochkonzentriert und an den riesigen Töpfen und rührten mit gigantischen Kellen unser Chili. Es war sehr kalt an jenem Oktobertag, auch wenn uns überhaupt nicht kalt war, und dass wir ein wärmendes, wohltuendes Chili verkauften, sprach sich schnell herum auf dem Gelände. Wir waren zu viert und die Kellen wurden in einem Tempo wie in einer mexikanischen Suppenküche in unsere biologisch abbaubaren Schälchen geleert, immer mit einem Klacks Sour Cream dekoriert und einer Handvoll Nachos daneben, nur hin und wieder schrie einer von uns: Nachos! Teller! Sour Cream ist alle! Dann rannte ich los und schleppte einen 5 Kilo Eimer Sour Cream heran.
Die Schlange war bald zweispurig, denn selbst das vegane Chili wurde uns aus den Händen gerissen. Wer seine Portion hatte, stellte sich glücklich löffelnd an die Seite. Nicht drängeln, jeder kommt dran, riefen die Mädchen an der Kasse. Aber bevor der letzte Act des Abends, Herbert Grönemeyer, auftreten konnte, waren wir ausverkauft. Wäis und ich überschütteten uns gegenseitig mit Vorwürfen. Wir hätten mehr Bohnen, wir hätten mehr kochen, wir hatten genau die Hälfte… wir hatten immerhin nur zwei Nächte durchgeschnippelt und gebraten. Es waren sechs tiefe grosse Rechauds plus einem sehr grossen Gastro Topf. Noch heute sehe ich manchmal die enttäuschen Gesichter vor meinem inneren Auge und spüre noch einmal die Reue, nicht mehr Chili gekocht zu haben. Aber kein Neid: der Veranstalter nahm so viele Gebühren für Strom, für den Stand, für die Müllentsorgung, für das Atmen und Stehen, dass wir keine Chili-Millionäre wurden. Seither hatte ich irgendwie kein Bedürfnis, den mexikanischen Klassiker nochmal zu kochen – bis es in dieser Woche wieder in mir auflebte, das Bedürfnis!
Also tat ich es einfach und kochte ein köstliches Chili: der größte Clou für dieses Gericht ist, dass man es am Vortag kochen sollte. Lasst die Zutaten über Nacht ziehen und der Geschmack wird sich richtig schön entfalten.
Ihr könnt Kidney Bohnen aus der Dose verwenden, falls ihr keine große Kochlust verspürt, ich habe 250 Gramm ungekochte Kidney-Bohnen über Nacht in Wasser ziehen lassen und sie dann in einem halben Liter Wasser ohne Salz etwa eine halbe Stunde al Dente kochen lassen. Das Kochwasser habe ich für das Chili weiterverwendet – ich finde, das gibt einen noch besseren Geschmack! Hier ist mein Chili Rezept, es reicht für 4 Personen, nicht für 2000.
Die Schärfe dieses Chilis ist moderat – eine feine Schärfe im Abgang. Wer es schärfer möchte, kann noch 2-4 getrocknete Chillis hinzufügen.
1 EL Butterschmalz
1 helle Zwiebel, geschält und fein gehackt
2 mittelgroße Knoblauchzehen, geschält und fein gehackt
500 Gramm Rinderhackfleisch
400 Gramm gekochte Bohnen
3 Chilischoten, entkernt und fein gehackt (ich habe eine grüne, rote und gelbe genommen, es gehen auch Jalapeno o.ä.)
1 – 2 TL Cayennepfeffer (optional, falls ihr es sehr scharf oder RICHTIG RICHTIG scharf mögt)
1 TL Kreuzkümmel gemahlen, optional
2 TL Oregano, getrocknet
2 TL Paprikapulver
1 TL Achiote Paste, eine mexikanische Gewürzmischung, die ihr im Südamerika-Supermarkt oder online bekommt
2 TL Tomatenmark
450 Gramm geschälte Tomaten aus der Dose
1 Rindsbouillon Pur
1 Prise Zucker
1 Schuss Rotwein (optional)
2 Tassen Wasser
Salz, Pfeffer
Sour Cream, Koriander, Nachos, Guacamole
Zubereitung:
Butterschmalz erhitzen, Zwiebeln auf mittlerer Hitze darin etwa 3 Minuten dünsten. Knoblauch und Chileschoten hinzugeben, nach 2 Minuten Hitze erhöhen und Hackfleisch hinzugeben und häufig rühren. Wenn das Fleisch eine braune Farbe angenommen hat, Kreuzkümmel, Paprikapulver, Cayenne und Achiote Paste hinzugeben, kurz braten. Tomatenmark hinzugeben, Rotwein, Tomaten aus der Dose und Kidneybohnen ebenfalls in den Topf geben. Wasser oder Bohnenwasser hinzugeben, rühren. Die Konsistenz sollte flüssiger sein, als ihr das Chili am Ende haben möchtet allerdings nicht so flüssig wie eine Suppe. Etwa 1,5 bis 2 Stunden köcheln, dabei immer mal wieder umrühren und eventuell Flüssigkeit nachgießen, mit Salz und Pfeffer abschmecken und dann bis zum nächsten Tag im Topf ruhen lassen.
Chili vor dem Servieren nochmals eine halbe Stunde köcheln lassen. Mit einem Klacks Sour Cream und etwas Koriander servieren. Dazu passen Nachos und Guacamole. Guten Appetit!