Wir befinden uns in einem Keller im Zentrum von Zürich, hinter einer schweren, recht unauffälligen schwarzen Tür liegt das Umami-Universum. Es hat fast etwas Apokalyptisches, den hell beleuchteten, weiß getünchten großen Raum zu betreten: in Regalen befinden sich grüne und lilafarbene Sprossen von Erbse, Rettich, Meerrettich oder Senf … auf mehreren Ebenen werden sie erleuchtet von kleinen weißen, blauen und roten Lämpchen.
Die Luft im Keller stickig und modrig und es läuft laute und tanzbare elektronische Musik. Zwei Jungs in Schürzen packen im Takt Sprossen in Papiertüten und Schalen, diese Lieferungen gehen an Migros, Jelmoli, Globus und Kunden in der Gastronomie.
Sam vom Umami-Team zeigt uns die Produktionsstätte und erklärt das Prinzip Mikrogreens. Eigentlich hat er BWL studiert, im Moment hat er aber keine Zahlen oder Bilanzen im Kopf sondern Fischsex. Er zeigt uns ein Wasserbecken, in dem vier Fische schwimmen: ein männlicher Afrikanischer Buntbarsch, auch Tilapia genannt, und drei seiner weiblichen Kollegen. Eigentlich sollte es in diesem Becken zu romantisch-sexuellen Handlungen kommen, damit bald kleine Tilupas entstehen, die Stimmung im Becken ist aber gar nicht gut: die drei Ladies auf der einen Seite, der männliche Fisch auf der anderen – vielleicht ist er ein Stimmungskiller, vielleicht ist es auch nur pure Antipathie, aber das Unterwasser-Tinder funktioniert zu diesem Zeitpunkt nicht.
Der Tilupa ist eins Lebewesen, die das Prinzip Mikrogreen möglich machen: außer ihm schwimmen auch kleinere Fische, Krebse, Garnelen und Muscheln in einem großen, länglichen Becken, der das Herz des Mickrigeren-Kreislaufs bildet. „Jedes Lebewesen hat seine Funktion“, erklärt Sam.
Das Öko-System, das hier in einem urbanen Keller gedeiht, versorgt sich selbst und ohne chemische Mittel: die Fische ernähren sich von vegetarischem Fischfutter aus Gemüseschnittresten, scheiden diese aus. Die Ausscheidungen werden von den kleineren Tieren aufgenommen und wieder ausgeschieden und schließlich im System von Bakterien umgewandelt: so entsteht der Dünger für die Mikrogreens.
„Das ganze Konzept ist zukunftsweisend“, sagt er. „Für die Schweiz ist es noch nicht so dringend, aber für andere Metropolen schon. Die Idee ist, das Essen an der Konsumstelle zu produzieren. Ohne Transportwege, nicht witterungsbedingt, saisonunabhängig.“
Umami – japanisch für Schmackhaftigkeit – hat den Geschmack der Menschen getroffen, das Start-up schießt raketenhaft nach oben, und das Team aus acht Jungs hat viele konkrete Expansionspläne und Zukunftsvisionen. Eine zweite Produktionsstätte ist bereits entstanden, man plant eine Eventküche und als großes fernes Ziel eine eigene Garnelenzucht.
Aber warum sind Mikrogreens eigentlich so beliebt? Sie sind ein Konzentrat von guten Dingen, echte Nährstoff-Bomben, die voller Spurenelemente, Vitamine, Mineralstoffe und Proteine stecken. Die würzig-scharfen Umami-Aromen kann man sich als Mikrogreens über Salat oder Essen streuen, oder auch in Form von Pesto und köstlicher Mayonnaise genießen. Letztere ist so gut, dass sie jeder grillierten Bratwurst einen noch besseren Auftritt verpasst. Der Sommer kann kommen und es wird ein Sommer, der nach Umami schmeckt!
Am 23. Mai könnt ihr euch das Umami-Ökosystem in einer Führung zeigen lassen. Mehr Infos und Reservation gibt es hier.