André Jaeger: Der Mann, der Fisch kann

Bianchi-Chef Giulio Bianchi (links) zeigt Starkoch André Jäger seinen frischesten Fisch

Im März ist es wieder soweit: André Jaeger und das Storchen-Team laden zum Fischbuffet im Storchen ein, in ein Schlaraffenland mit über 30 Kreationen aus 26 verschiedenen Meerestieren und Fischsorten. Bevor er seine Position am Buffet einnimmt, hat Starkoch André Jaeger uns exklusiv zum Fischshopping bei Bianchi getroffen …

Die Fischlieferung aus der Bretagne, die an diesem kalten, sonnigen Morgen bei Bianchi in Zufikon angekommen ist, lässt André Jaeger das Herz höher schlagen. Stolz zeigt Bianchi-Chef Giulio Bianchi dem Starkoch den Fang des Tages: ein großer Wolfsbarsch, ein Butt in Perfektion, ein eindruckvoller Seeteufel … und und und. Alle Fische wurden erst vor wenigen Stunden mit der Angel aus dem Meer gezogen, die Haut glänzend, die Kiemen rot, die Augen klar.

Beide Männer, Jaeger und Bianchi, teilen die Leidenschaft für das Meer und seine Bewohner. Und obwohl der Ruhestand noch in weiter Ferne liegt, haben beide ihr Lebenswerk zum größten Teil vollendet. Bianchi ist noch Chef seines Unternehmens,ehat das operative Geschäft aber an die nächste Generation, den Sohn und den Neffen, weitergegeben. André Jaeger verkaufte nach 40 Jahren sein Restaurant Fischerzunft in Schaffhausen und kocht nun als Ehrengast in ausgesuchten Küchen auf der ganzen Welt, im März etwa in Zürich im Hotel Storchen.

Bianchi-Chef Giulio Bianchi zeigt Starkoch André Jaeger seinen Super-Turbot

Das legendäre Fischerzunft Fischbuffet, das sein Zuhause jahrzehntelang in Schaffhausen hatte, wird zum dritten Mal hier einen Gastauftritt haben. „Es ist das erste Mal, dass ich es nicht alleine mache, sondern mit Cyrille Anizan, dem Küchenchef von des Restaurants La Rôtisserie. Im ersten Jahr waren es Gerichte aus meinem Archiv, aber das hat mich gelangweilt. Jetzt ist es wieder total spannend, alles neue Sachen. Kochen muss aus Passion passieren, nicht aus dem Archiv“, sagt Jaeger.

André Jaeger wird natürlich auch selber hinter dem Buffet stehen, an der gleichen Position, die er seit 40 Jahren besetzt: ganz am Anfang, bei den Austern.

Der Fang des Tages: Fische aus der Bretagne

Der Starkoch, der lange in Hong Kong arbeitete und für seine asiatisch inspirierte Meeresküche bekannt ist, ist zwar, wie er selber sagt, „Old School“, hat aber eine kulinarische Vision, die klassisch und contemporary zusammenbringt: seine Gerichte sind das Gegenteil der oft vorherrschenden Langeweile auf dem Teller beim Thema Fisch.  Endlich kein Egli-Knusperli oder Pangasius-Filet.

Statt dessen: Rotbarbe a la Plancha, Rosenkohl mit Mandelbutter. Turbot in Butter gebraten mit Fenchel und Piemontesischen Haselnüssen. Cocktail von Langouste mit Kalamansi und Ingwer. „Alle Gerichte sind Stars, aus den besten Produkten. Was aber alles schlägt, ist der lauwarme, mild gebeizte Lachs, den wir vor dem Gast tranchieren – viele Gäste sagen, sie haben noch nie so einen guten Lachs gegessen.“

Seine Leidenschaft für Fisch ist offensichtlich, aber nicht nur als Produkt und Lebensmittel, sondern auch für das Tier, für seinen Lebensraum und seinen Schutz. Es ist erstaunlich und schön zu sehen, dass gerade die etablierte Generation mit Machern wie Bianchi und Jäger sich um die Zukunft unseres Planeten nicht nur Gedanken macht, sondern auch immer im besten Interesse für Mensch, Tier und Umwelt arbeitet und handelt.

Interview mit André Jaeger

Nach dem Rundgang durch die Hallen mit Fischen und Meeresfrüchten erzählt Jaeger von seiner Liebe zum Fisch.

Miss Violet: Auf der einen Seite raten Ernährungsexperten, man solle mehr Fisch essen, andererseits herrscht eine Überfischung der Meere – kann man überhaupt noch guten Gewissens Meeresfisch essen?

André Jaeger:  Wir müssen alle umdenken und der Natur Sorge tragen. Alle denken, sie haben Anrecht auf alles, und das zum billigsten Preis, aber das haben wir nun mal nicht. Wir können nicht jeden Tag Fleisch oder Fisch essen, es kann auch mal Blumenkohl sein, es gibt auch köstliche Kartoffeln… ich verzichte auf vieles, um mir dann mal so einen schönen, mit der Angel gefangenen Fisch zu leisten. Für den Alltag darf es auch mal ein Zuchtfisch sein, das andere ist eine Luxusausnahme.

MV: Sind Zuchtfische bei Gourmetköchen nicht verpöhnt?

AJ: Ich bin nicht wie viele meiner Kollegen der Meinung, dass es immer wild sein muss. Aber es muss gute Zucht sein, da gibt es wahnsinnige Unterschiede. Die Reinigung des Wassers ist sehr wichtig, da der Fisch sehr schnell den Geschmack von Feckalien annimmt. Für mich ist auch der Lebensraum des Tieres wichtig, dass das Wasser frisch genug ist, dass die Temperatur stimmt. Da kann man auch auf Chemie und Hormone und das ganze Zeugs verzichten.

MV: Warum hat es in der Schweiz so wenig Auswahl an frischen und verschiedenen Fischsorten? Leidenschaftliche Köche kommen beim Fischkauf hier nicht wirklich auf ihre Kosten.

AJ: Die kleinen Geschäfte wurden immer mehr verdrängt und den Supermärkte wurden immer größer und größer. Aber der Konsument bestimmt das Angebot und wenn er nicht zum Eglifilet aus Holland und dem schlechten Pangasiusfilet greifen würde, würden die auch aus dem Regal verschwinden. Vieles, was wir einfach so gedankenlos kaufen, tut uns gesundheitlich großen Schaden an.
Was sehr positiv ist, ist dass viele neue Wohnungen einen schönen Kochbereich haben, es wird wieder viel mehr zuhause gekocht, auch unter Freunden. Das ist auch eine große Chance für die Qualität der Produkte.

MV: Sie sind ein Vorreiter der Fusion-Küche, haben lange in Hong Kong gelebt und arbeitet. Wie ist die Zubereitung des Fischs in Asien?

AJ:  Bei uns isst man den Fisch am liebsten ohne Gräten und Haut, in der asiatischen Küche isst man den Fisch im Ganzen, gedämpft zum Beispiel. Der Ehrengast bekommt dann den Kopf serviert, der gilt als das Beste und da wird alles ausgelutscht und rausgeholt. Das Prinzip From Nose To Tail sollte auch beim Fisch gelten.

MV: Der beste Fisch, den Sie je gegessen haben?

AJ: Als ich in der 70er Jahren in die Bretagne fuhr, um Hummer zu kaufen, servierte man mir dort einen Rochenflügel in Butter und Kapern. Den Geschmack habe ich heute noch präsent. Heute gehört der Rochen zu den Fischarten, deren Fortbestand gefährdet ist und ich würde ihn nicht kaufen.

MV: Das Schlimmste, was man einem Fisch bei der Zubereitung antun kann?

AJ: Verkochen, zu heiß kochen. Dann wird er spröde und mehlig und macht keine Freude mehr.

MV: Können Sie uns zum Schluss noch ein schnelles Rezept verraten, das aus einem herkömmlichen Fischfilet ein aufregendes Fusion-Gericht macht?

AJ: Das Fischfilet – Skrei gibt es jetzt zum Beispiel viel, den liebe ich sehr – in Portionen schneiden, mit oder ohne Haut ist egal, salzen und pfeffern und ganz leicht mehlieren. Butter in einer Pfanne aufschäumen, den Fisch darin auf beiden Seiten goldbraun braten, so dass er innen schön glasig ist. Den Fisch auf einen Teller legen, in die Butter ganz fein geschnittenen Ingwer und entkernten, fein geschnittenen Chilli geben, schwenken, dann Zitronensaft und Thaifischsauce dazugeben, und noch frisch geschnittenen Koriander dazu. Den Fisch in einen tiefen Teller legen, die Sauce darübergeben und so servieren. Das ist absolut, absolut köstlich!

Das Fischerzunft Fischbuffet findet im Hotel Storchen vom 14. bis 17. März und vom 21. bis 24. März statt.
Preis: CHF 220 pro Person inklusive Champagner-Apéritif, exklusive Getränke zum Essen.
Reservierung: http://fischbuffet.storchen-events.ch 
Tel: 044 227 27 27.